Autor*innen stehen Anteile der Urheberrechtsabgaben zu, wenn sie frei kopierbare Texte veröffentlichen. Diese Abgaben führen alle Menschen ab die in Deutschland z.B. ein Tablet oder ein Smartphone kaufen, einen Scanner oder eine Festplatte, denn alle diese Geräte sind in der Lage, frei kopierbare Texte zu kopieren. Dabei ist es unerheblich, ob der Text hinter einer Paywall ist oder nicht – er darf nur nicht kopiergeschützt sein. Aber wie funktioniert das denn mit Texten im Internet?
Für Texte im Internet hat die VG WORT METIS entwickelt. METIS steht für „Meldesystem für Texte auf Internetseiten“ und funktioniert so, dass auf jeder Seite auf der eigenen Website mit genug Text (1800 Zeichen) von den Urhebern eine sogenannte Zählmarke eingesetzt wird. Wenn ich z.B. in der taz etwas veröffentliche gebe ich dem Zuständigen Redakteur meine Karteinummer und am Ende des Jahres wird der Text von der taz an die VG WORT gemeldet und ihr dabei mitgeteilt, dass ich der Urheber bin und die Urheberrechtsabgaben mir zustehen (Mittlerweile haben die Verlage genug Lobbyarbeit geleistet, so dass der Bundestag gesetzlich festgehalten hat, das Verlage an den Urheberrechtsabgaben zu beteiligen sind.
Ich bin seit vielen Jahren grundsätzlich der Meinung, dass die VG WORT Autor*innen hasst aber Verlage liebt. Anders kann ich es mir nicht erklären, warum die VG WORT für die Verlage Partei ergriffen hat, so dass Urheber*innen weniger Geld bekommen. Oder warum in der „Integrationsbeschreibung – METIS für Verlage“ die Hinweise zum Datenschutz METIS betreffend aufgeführt sind, in dem Dokument „METIS für Urheber“ allerdings nicht. Und wo ich gerade bei Datenschutz bin: Neulich freute ich mir sehr, dass die VG WORT nach vielen Jahren des Bittens und Bettelns endlich eine API für Autor*innen hat und sogar ein WordPress-Plugin bereit stellt, damit ich z.B. hier auf meinem Blog die Zählmarken endlich automagisch einem Artikel zuweisen kann und sogar alle relevanten Daten bezüglich der Meldung ebenso automagisch übertragen kann. Als Antwort auf meine Freude kam dieser Toot:
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von chaos.social zu laden.
Falls Du hier nichts siehst, hast Du einen Adblocken aktiviert, der verhindert, dass Borlabs Cookies (und Content Blocker) angezeigt wird und funktioniert. Bitte klicke hier, um direkt dem externen Inhalt zu gelangen.
Zuerst einmal muss ich die Frage so stellen, dass ich sie hier beantworten kann: „Wie moralisch verwerflich ist es, Autor*innen das ihnen zustehende Geld zu verwehren?“ Die VG WORT zahlt nicht einfach für jeden Text im Internet Geld. Es muss zwischen dem 01.01. und 31.12. eines jeden Jahres eine unbekannte Anzahl uniquer Hits aus Deutschland stattfinden, um für den Geld irgendwas um die 25 EUR zu bekommen. Es geht also nicht um viel Geld, aber es kann sich im Jahr schon summieren. Ich habe letztes Jahr knapp 400 EUR über VG WORT gemeldet Texte im Internet erhalten. Texte auf Seiten ohne Textmarken kann ich ebenfalls melden, sie werden aber anders vergütet und sind bei der vorherigen Zahl nicht dabei. Texte auf einer eigenen Website müssen eine Textmarke haben, um vergütet zu werden.
Aber zurück zum Problem: Wie viel Tracking ist das denn, was da beim Zählen der VG WORT passiert? Natürlich hat die VG WORT das mal aufgeschrieben und zwar in oben bereits erwähnten Integrationsbeschreibung für Verlage auf Seite 9:
Textbaustein für Ihre Datenschutzerklärung
Integrationsbeschreibung – METIS für Verlage, Seite 9
Wir setzen die METIS-Zugriffszählung der VG WORT zur Messung von Zugriffen auf Online-Texte ein,
die wir Ihnen über unser Angebot zur Verfügung stellen. Dies tun wir, damit die
Kopierwahrscheinlichkeit dieser Texte erfasst werden kann. Die Kopierwahrscheinlichkeit eines Textes
bildet die Grundlage einer rechtmäßigen Ausschüttung von Vergütungen nach dem
Urheberrechtsgesetz (UrhG) seitens der VG WORT an die Urheber und Verlage dieser Texte.
Dazu wird im Rahmen der METIS-Zugriffszählung eine „Zählmarke“ in den Quellcode des jeweiligen
Online-Textes eingebunden. Diese Zählmarke ist eine eindeutig diesem jeweiligen Text zugeordnete
ID und führt dazu, dass beim Besuch eines so gekennzeichneten Textes ein Zugriff auf diesen Text
gezählt werden kann. Darüber hinaus wird im Rahmen der METIS-Zugriffszählung eine Client-ID
gebildet und ein sog. „METIS Session Cookie“ beim Nutzer des markierten Textes gesetzt. Mittels
dieser Client-ID und des Session Cookie kann erkannt werden, ob innerhalb einer Browser-Session
der Text von diesem Nutzer bereits aufgerufen wurde oder nicht. Damit sollen unrechtmäßige
Mehrfachzählungen dieses Textes im Rahmen der Bestimmung seiner Kopierwahrscheinlichkeit
vermieden werden. Weder durch das ausgespielte Session-Cookie noch sonst zu irgendeinem
Zeitpunkt im Rahmen der METIS-Zugriffszählung werden personenbezogene Daten verarbeitet.
Die METIS-Zugriffszählung wird für die VG WORT von der Kantar GmbH, Landsberger Straße 284,
80687 München durchgeführt.
Zu keinem Zeitpunkt werden einzelne Nutzer identifiziert. Ihre Identität bleibt immer geschützt. Sie
erhalten über das System keine Werbung.
In der Anleitung „METIS für Urheber“ findet sich übrigens kein Wort dazu.
Welche Infos bekommt die VG WORT also? Keine mit denen sie irgendwie mehr machen kann, als zu zählen, wie oft jemand einen Text in einer Browser-Session aufgerufen hat und jede Zahl größer als 1 wegwerfen. Jedes Jahr legt die VG WORT die Schwelle ab der es Geld für einen Texte gibt neu fest. Und so blöd das jetzt klingt: Jeder nicht gezählte Zugriff auf einen Text hier auf meinem Blog sorgt dafür, dass ich nächstes Jahr von dem großen Kuchen Urheberrechtsabgaben weniger abbekomme – und so geht es auch allen anderen Autor*innen, die vor allem auf ihrer eigenen Seite veröffentlichen. Die Zählpixel laufen übrigens über *.met.vgwort.de
– das müsst ihr bei den meisten Blockern manuell in die Whitelist eintragen.
Ist es moralisch verwerflich, das VG WORT Cookie und Zugriffe direkt zu blocken? Ich finde ja aber wie immer können anderer Menschen das anders sehen. Dann würde mich aber interessieren, warum.
Weiterführende Links
Die Tarife der VG WORT
Tarifbekanntgaben der VG WORT
Bildnachweis
Das Titelbild ist ein Ausschnitt eines Bildes von Rufus46, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Beitrags-Navigation
tomate (oder auch: Jascha) schreibt auf seinem Blog und manchmal auch Artikel für Zeitungen. Ihr findet alles wichtige über ihn irgendwo im Internet.
43 Gedanken zu „Das Zählpixel der <span class="caps">VG</span> <span class="caps">WORT</span>“
-
👍 Jo
-
👍 Lauchra
-
👍 Daniel Lücking
-
👍 Reca
-
👍 Philip Gillißen
-
👍 crs
-
👍 Teilzeitberliner
-
👍 Rollenspielblog
-
👍 Henrik Schönemann
-
👍 Mathias
-
👍 Andreas Abendroth
-
👍 Carolin
-
👍 Komm da weg, fass' das nicht an!
Likes
-
♻️ Daniel Lücking
-
♻️ Reca
-
♻️ Will.son
-
♻️ Lauchra
-
♻️ Friederike Kenneweg
-
♻️ Philip Gillißen
-
♻️ Jascha Ezra Urbach
-
♻️ Jascha
-
♻️ Teilzeitberliner
-
♻️ Henrik Schönemann
-
♻️ Andreas Abendroth
-
♻️ Carolin
-
♻️ Komm da weg, fass' das nicht an!
@jascha das problem ist doch, dass das überhaupt keine entscheidung der user:innen ist, ob der zählpixel im adblocker landet, weil niemand (jaja) händisch seine listen pflegt und man eher an die appellieren sollte, oder?
@hagen das Problem ist, dass alles was irgendwas zählt als Tracking angesehen wird.
Die Entwickler:innen der AdBlocker können freischalten. Man schreibt die Herausgeber:innen der Blocking-Tools an, schildert das Problem und wenn das nachvollziehbar ist, dann kommt die entsprechende URL auf eine Whitelist. Feddisch.
Wie ich schon schrieb: Dee VG WORT hasst Autor*innen und ich gehe nicht davon aus, dass das jemals passiert.
@jascha
Welche URI(s) sollte man whitelisten?
@franskeijer *.met.vgwort.de
@jascha Danke!
@jascha
Es mittlerweile gibt ein offizielles VG Wort Plugin für WordPress. 😮
Das wusste ich noch gar nicht. Danke für den Hinweis!
@jascha Die Frage ist doch: nach welchem Prinzip verteilt die VG WORT das Geld? Ich wage zu bezweifeln, dass da einfach willkürlich eine Zahl der Impressionen festgelegt wird. Nach meinem Verständnis verteilt die VG WORT einen fixen Geldtopf. Und vermutlich (die Regeln müssten doch eigentlich öffentlich sein?) wird das Geld an die Autor*innen von x Artikeln mit den meisten Impressionen ausgeschüttet, wo x mehr oder minder an die Größe des Geldtopfs gebunden ist.
In anderen Worten: es geht wahrscheinlich nicht um die Absolutzahl der Impressionen, sondern darum, wie sich diese Zahl im Vergleich zu anderen Artikeln verhält. Und solange bei allen Artikeln dieser Trackingpixel von denselben 10 – 15% der Nutzer*innen geblockt wird, hat niemand einen Vor- oder Nachteil davon.
Wobei 10 – 15% schon ziemlich hoch gegriffen ist. Diese Blockierregel ist nicht Teil der regulären Werbeblockinglisten, sondern stattdessen in EasyPrivacy enthalten. Diese Filterliste aktivieren nach meinem Wissen keine Werbeblocker automatisch, das bedarf einer expliziter Entscheidung. Maximal 2% ist also eher realistisch.
Nun gibt es gewisse Verzerrungen, die tatsächlich problematisch sein können. Auf technisch orientierten Webseiten ist der Anteil der Werbeblocker höher, diese Seiten haben hier dann eher einen Nachteil. Ob sich der Verlust von maximal 2% der Impressionen aber relevant auswirkt, ist fraglich.
Ich denke, diese Diskussion habe ich vor etwa einem Jahrzehnt schon einmal geführt…
Ich habe gerade letzte Woche zu dem Thema der VG Wort eine Mail geschickt, da ein anderer Blog diese Thematik auch ansprach. Daher super, dass Du es auch ansprichst! Es braucht diese Diskussion.
Ich nutze auch AdGuard und es blockt konstant 10% meines Traffics. Über die Jahre erhält man das Gefühl mit jeder Website und jeder App seine Daten an wirklich jeden weiter gegeben zu haben. Keine Website gibt das Tracking zu. Alle wollen Deine Daten natürlich schützen.
AdGuard wird nicht alles unterbinden, aber hilft dabei.
Hier wird der Konflikt sichtbar: Ich will mich schützen und komme dem kaum hinterher. Auf der anderen Seite braucht es eine Statistik, um zu wissen, wie oft Deine Texte gelesen wurden.
Es ist ein Dilemma und ich habe leider keine Lösung dafür. Ich wünsche mir, dass es eine Zählmöglichkeit gäbe ohne, dass ich Daten preis gebe — oder Cookies im Spiel sind.
Ich kann dich verstehen, aber ist ein Session-Cookie, dass nur ein erneutes Zählen weiterer Aufrufe des gleichen Artikels in der gleichen Session verhindert wirklich das Problem? Da ich wirklich neugierig bin: Was daran genau?
Welche persönlichen Daten gibst Du denn bei der Methode der VG WORT preis? Auch da bin ich ehrlich neugierig ob mir gerade eine Perspektive entgangen ist.
Du bindest ein Bild ein mit der URL https://vg02.met.vgwort.de/na/ebc913ec17b748a4b44a9c3fb4d50085 für diesen Artikel. Damit wird meine IP an die VG Wort weiter gegeben — meiner Meinung nach müsste ich dazu schon gefragt werden, da meine IP ohne Zustimmung weiter gegeben wurde; das ist aber bisher nicht rechtlich abschließend geklärt.
Ein Cookie konnte ich bei mir nicht finden — kann auch sein, dass entfernt ist. Ein Cookie ist dafür da Dich wieder zu erkennen. Natürlich perfekt, um mich zu tracken.
Wenn ich nun im Web surfe und die VG Wort böse wäre (theoretisch, gibt es keine Anhaltspunkte für), dann könnte Sie wissen welche Artikel ich lese. Perfekt für Werbetargeting.
Danke, Du musst mir Cookies nicht erklären. Oder wie IPs funktionieren.
Die VG Wort weiß erst, welchen Artikel du gelesen hast, nachdem die Meldungen durch sind – was (in der Regel) erst im Januar des nächsten Jahres passiert. Bis dahin ist das Targeting dann auch nicht mehr aktuell.
Für diese Weitergabe muss ich dich eben nicht fragen, da ich als Autor ein berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO habe, die mir zustehenden Urheberrechtsabgaben zu erhalten:
die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
@WPalant Du liegst ein bisschen falsch: Große Medienhäuser dürfen serverseitig den Pixel aufrufen – die taz macht das z.B. über
https://taz.de/count/vgwort/XXXXXXXXXXXXXXX.gif
Da ist auch der Adblocker egal. Es geht ja bei der Zählung um Kopierwahrscheinlichkeiten und wenn ein Artikel oft geklickt wird – auch gerne von der gleichen Person im Verlauf mehrerer Monate ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass eine Kopie statt gefunden hat als wenn er einmal von jemanden gelesen wird.@jascha
Das Urheberrecht ist leider schon lange das Spielfeld der großen Akteure 😒 . Kleinere Urheberinnen und Urheber und Nutzerinnen und Nutzer spielen keine Rolle. 😑
@AdrianVolt Was das jetzt mit dem Blocken von VG WORT zu tun hat erschließt sich mir nicht.
@jascha
Sorry, ich war noch nicht ganz wach und hatte mangelndes Leseverständnis. 😳