Eine reich verzierte Treppe in einem großen Gebäude.
5. Januar 2024

Schöf­fe am Land­ge­richt Ber­lin I – Land­ge­richt für Strafsachen

Von tomate
Lese­dau­er 2 Minu­ten

Für die Jah­re 2024 bis 2028 bin ich Ersatz­schöf­fe am Land­ge­richt Ber­lin I. Schöf­fen sind ehren­amt­li­che Rich­ter, die an Lan­des­ge­rich­ten zusam­men mit Berufs­rich­tern die Kam­mer bei Straf­pro­zes­sen bil­den. Ersatz­schöf­fen wer­den gewählt, um z.B. wegen Krank­heit aus­fal­len­de Schöf­fen vor Beginn des Ver­fah­rens erset­zen zu kön­nen. Ich rech­ne­te damit, dass ich irgend­wann die­ses Jahr vom Land­ge­richt ange­ru­fen wer­de und an einem Ver­fah­ren mit­wir­ken wer­den. Ich ahn­te natür­lich nicht, dass dies gleich am 03.01.2024 pas­sie­ren würde.

Ich war gera­de mal eine Stun­de im Büro, als mein Tele­fon klin­gel­te. Am ande­ren Ende des Gesprächs: das Land­ge­richt Ber­lin. Ich müs­se nun kom­men, es sei ein Schöf­fe aus­ge­fal­len und das Ver­fah­ren kön­ne sonst nicht begin­nen. Wie lan­ge ich denn zum Gericht bräuch­te. „Naja so 30 – 40 Minu­ten, je nach­dem wie die BVG so fährt. Mit dem Taxi gin­ge das defi­ni­tiv schnel­ler“. Man wür­de mich gleich zurück rufen und mir mit­tei­len, ob ich ein Taxi neh­men dür­fe. In den paar Minu­ten, die ich nun hat­te sag­te ich mei­nem Chef und mei­ner Kol­le­gin bescheid und pack­te mei­ne Sachen. Mitt­ler­wei­le war auch die Ladung per E‑Mail ein­ge­trof­fen, die muss ich näm­lich am Ein­gang des Gerichts vor­zei­gen. Wie Berufs­rich­ter wer­den Schöf­fen, die gela­den sind, am Ein­gang des Gerichts nicht durch­sucht – dafür müs­sen sie aber Aus­weis und die Ladung vorzeigen. 

Nach ein paar Minu­ten klin­gel­te wie­der mein Tele­fon. „Es wur­de ange­ord­net, dass sie mit dem Taxi kom­men sol­len“. Nun gut, raus aus dem Büro, ab ins Taxi. Am Land­ge­richt darf ich den Ein­gang für Richter*innen ver­wen­den, wer­de also nicht durch­sucht. ich muss dafür die Ladung und mei­nen Per­so­nal­aus­weis vor­zei­gen. Ich las­se mir noch den Weg zum Saal beschrei­ben, ver­lau­fe mich dann doch noch ein wenig und betre­te sehr gehetzt den Saal. Ab nach hin­ten ins Rich­ter­zim­mer. Dort wer­de ich schnell in den Fall ein­ge­führt, wir bespre­chen die Sitz­ord­nung (ich ganz links, ich muss auch die Tür zum Rich­ter­zim­mer zuma­chen) und die Sit­zung star­tet mit ein biss­chen mehr als einer Stun­de Ver­spä­tung. Nach dem Auf­ruf des Ver­fah­rens und der Eröff­nung durch den vor­sit­zen­den Rich­ter wer­den mei­ne Mit­schöf­fin und ich noch ver­ei­digt und dann beginnt der Staats­an­walt mit der Ver­le­sung der Klageschrift.

Ich weiß nicht wie seri­ös das Bild für den Ange­klag­ten war, als neben drei Men­schen in Roben und einer gut geklei­de­ten Schöf­fin eine leicht ver­peil­te Per­son in Hoo­die und Jog­ging­ho­se auf der Rich­ter­bank platz nahm. Das ein­zi­ge Gericht, in dem Schöf­fen Roben tra­gen müs­sen, ist das Ver­wal­tungs­ge­richt Ber­lin.

Wie das mit dem Fra­ge­recht und der Betei­li­gung bei der Urteils­fin­dung abläuft erzäh­le ich dann, wenn ich ich bei mei­nem ers­ten Urteil dabei war.

Wei­ter­le­sen: Schöf­fe, Arbeits­zeit und Ent­schä­di­gung, Im Namen des Volkes


Titel­bild: Mem­beth, CC0, via Wiki­me­dia Commons